Testbericht Earl Jay's Hale-Bop und Big Wave von Florian Heidtmann

Hintergrundinfos zum Test:

Earl Jay ist Holzblasinstrumentenmacher, Refacer und stellt seit kurzem auch eigene Mundstücke her. Seine Kreationen sind bis jetzt in keinem Laden käuflich zu erwerben, sondern lassen sich nur bei ihm direkt bestellen. Dies hat den Vorteil, daß man so auch gleich noch eine Beratung erhalten kann, welches von seinen Mundstückmodellen einen am ehesten beim Umsetzen der eigenen bevorzugten Klangvorstellung unterstützt.

Netterweise bekam ich von Jens die Möglichkeit die derzeitigen Tenormodelle ausführlich einem Langzeittest zu unterziehen, was wirklich hilfreich ist, denn in 1-2 Wochen schafft man selten sich wirklich auf ein Mundstück richtig einzustellen und das wirkliche Potential zu erfassen. Besonders hervorheben möchte ich, daß er so freundlich war und mir vom gleichen Modell mehrere Mundstücke zur Verfügung gestellt hat (unterschiedliche Öffnungen aber auch mehrere Modelle der gleichen Öffnung), das ist für so einen Test ein toller Service, um wirklich einen intensiven Eindruck von den Modellen zu bekommen.

Dieser Test gibt nur meine persönliche Wahrnehmung wieder. Jeder Spieler wird es für sich eventuell etwas anders sehen und anders klingen, denn ein anderes Saxophon, eine andere Anatomie des Spielers, ein anderer Ansatz und eine andere Klangvorstellung haben hier einen starken Einfluss. Hier hilft nur selber probieren.

 

Allgemein zum Thema Intonation,Verarbeitung und Blattwahl:

Alle Mundstücke waren erstklassig verarbeitet und ließen sich auf meinen Tenören mit guter Intonation spielen. Ich rate unbedingt dazu unterschiedliche Blätter (Modelle aber auch Blattstärken) mit den Mundstücken zu probieren und sich nicht an die gewohnte Marke und Stärke krampfhaft zu klammern. Bei diesen Mundstücken lies sich der Sound extrem gut mit der Blattwahl beeinflussen und verändern, das gelingt nicht mit jedem Mundstück. Mit einigen Blättern hatte ich den Eindruck ein ganz anders Mundstück plötzlich in der Hand zu haben und der Spielgefühl und -spaß (vorher schon sehr gut) wurde noch verbessert. Auch konnte ich teilweise härtere Blätter (eingespielte) spielen, als bei anderen Mundstücken mit der gleichen Öffnung, ohne daß das Spielgefühl sich verschlechterte (die gewohnte Blattstärke ging aber ebenfalls super).

 

Big Wave:

Allgemein:

  • Kautschukmundstück

  • das Design des Mundstücks ist vom Florida Link inspiriert was Baffle und Bahn angeht

  • Das Florida Link ist eines der berühmten Modelle, das häufiger kopiert und allgemein meist als „Slant“ bezeichnet wird.

Baffle und Kammer:

  • Rollover Baffle

  • grosse Kammer,

  • leicht ausgehölte Seitenwände

Klang:

  • für mich ist es ein generell eher sehr dunkel klingendes Mundstück. Dunkler als es bei vielen modernen Mundstücken üblich ist, was von Spielern aber immer wieder gesucht wird.

  • klanglich für mich vergleichbar mit Mundstücken aus meiner Mundstücksammlung, die eher laut Hersteller vom Link Resochamber inspiriert wurden wie z.B.ähnlich einem Resotone von Ted Klum oder dem Onyx von Philtone.

  • Weiche Höhen, die aber voll klingen

  • Die Tendenz ging für mich eindeutig zu spread dabei fehlt dem Klang glücklicherweise das Dumpfe, das ich so oft bei Tone Edge Links erlebe.

  • Für mich ist es kein Mundstück für Pop- oder Rockmusik. Für Jazz oder allgemein Besetzungen oder Musik, wo ein dunkler Sound gut einsetzbar ist, halte ich es für eine sehr gute Wahl.

Ansprache:

  • sehr gute Ansprache, direkter und schneller als sämtliche Kautschuk Link-Mundstücke (ohne Reface, sondern so wie sie Babbitt verschickt), die ich ausprobieren konnte

  • Schnelle Läufe sind kein Problem gewesen. Die Tontrennungsschärfe ist entsprechend dem Mundstücktyp normal und gut.

  • Die tiefen Töne sprachen gut an, auch die Höhen waren kein Problem

  • der Subtone war wie bei üblichen Link-Kautschukmundstücken gut umsetzbar

  • Mir viel nichts negatives bei unterschiedlichen Artikulationen auf.

  • Auch in verschiedenen Lautstärken zu spielen ging gut, wobei man bei dem Typ von Mundstück keine sehr hohen Lautstärken erwarten sollte. Gegen verstärkte Instrumente oder in sehr großen Besetzungen wird es schwierig werden (das ist aber bei allen Mundstücken aus meiner Sammlung, die klanglich in diese Richtung gehen so).

Blaswiderstand:

  • Ich fühlte mich mit dem 8* etwas wohler als mit der engeren Öffnung, da ich Öffnungen in diesem Bereich gewöhnt bin. Sehr gut gefiel mir das Mundstück mit einem 2,5 Queens (Rigotti) und einem 2,5 Marca American Vintage.

  • Der Blaswiderstand war deutlich angenehmer als bei sämtlichen Link-Kautschukmundstücken, von denen ich mir für einen Vergleich extra nochmal eine grössere Anzahl geliehen hatte (damit ich einen Vergleich zur derzeitigen Produktion habe).

Fazit:

Wer einen dunklen Klang sucht, der sich an einem Resochamber orientiert liegt hier genau richtig. Warm und voll klingend und dabei ausgewogen ohne daß die Höhen dünn klingen (was schnell bei solchen Mundstücken passieren kann). Gute Ansprache und ausgeglichene Lagen werden geliefert. Für Musikstile, wo es klanglich passt, ist das Mundstück wirklich gut und deutlich angenehmer zu spielen, als so mancher Resochambernachbau, den ich anspielen konnte. Das Design basiert zwar auf einem Florida Link, das unter Fachkundigen nur als Slant bezeichnet wird, aber auch da gab es ja Unterschiede und Schwankungen bei den Modelle und für mich trifft der Vergleich mit meinen Mundstücken, die Resochambernachbauten sein sollen, eher zu. Der Baffle und die grosse Kammer sorgen dafür, daß, wie üblich bei so einem Mundstückdesign, eine Verstärkung bei bestimmten Bandbesetzungen oder Auftrittsorten eher notwendig wird, als bei einem Mundstück mit einem höheren Baffle, welches dann aber diesen wunderbar dunklen Sound nicht liefern kann. Ich rate dazu Jedem, der diesen sehr dunklen Sound sucht, es unbedingt mal auszuchecken.

 

Hale Bop:

Allgemein:

  • Kautschukmundstück

  • Design des Mundstücks ist vom Early Babbitt inspiriert

Baffle und Kammer:

  • Rollover Baffle, kürzer und etwas höher als beim Big Wave.

  • grosse Kammer,

  • leicht ausgehölte Seitenwände

Klang:

  • für mich eher ein dunkel klingendes Mundstück, allerdings heller als das Big Wave mit deutlich mehr Mitten und ein Mundstück, das über die Blattwahl aber auch noch ein bisschen heller klingen kann

  • dunkler als mehrere aktuelle New Vintage Link-Kautschukmundstücke mit denen ich es verglichen habe bei Nutzung des gleichen Blattes.

  • Der Klang besitzt deutlich mehr Kern als das Big Wave aber weniger als das New Vintage

  • Weiche Höhen, die aber mehr strahlkraft haben als das Big Wave und voll klingen

  • warm, rund, voll mit einer angenehmen Power

  • Die Tendenz ging für mich zu spread aber deutlich weniger als beim Big Wave.

  • Für mich ein Mundstück das ich schon deutlich flexibler einsetzen könnte.

  • Je mehr Power ich gegeben habe, desto strahlender der Klang.

Ansprache:

  • die Ansprache war super, dank des Baffles sogar noch einen Ticken besser als beim Big Wave. Im Direktvergleich mit mehreren New Vintage Links war der Unterschied für mich extrem, wie mit angezogener Handbremse beim Link und im Gegensatz dazu schnell und direkt beim Hale Bop.

  • Die Töne reagierten in allen Artikulationen sehr gut und die Tontrennungschärfe war sehr sauber.

  • Bei Höhen und Tiefen ist mir nichts negatives aufgefallen, sehr gut.

  • der Subtone war wie bei üblichen Link-Kautschukmundstücken gut umsetzbar und klang gut

  • Auch in verschiedenen Lautstärken zu spielen ging gut, ich konnte deutlich lauter werden als beim Big Wave.

Blaswiderstand:

  • Ein angenehmer Blaswiderstand ist vorhanden, nicht zu wenig, sondern genau so, daß man das Gefühl hat den Ton schön formen zu können aber nicht so viel, daß es in irgendeiner Form unangenehm war.

  • Der Blaswiderstand war deutlich angenehmer als bei vielen Link-Kautschukmundstücken, die ich mir extra nochmal etliche geliehen hatte, um einen Vergleich ziehen zu können.

Fazit:

Das Mundstück gefällt mir sehr gut. So gut, daß ich eins von den drei, die ich zum Testen hatte Earl Jay abgekauft habe. Es ist immer schwierig ein Mundstück, das auf dem Design eines älteren Links basiert eindeutig einem Slant oder Early Babbitt zuzuordnen, denn selbst die alten Slants und Early Babbitts klingen nicht alle gleich, wenn man da mal ein paar in die Hände bekommt. Im Grossen und Ganzen ist das aber auch egal, sobald uns ein Mundstück gefällt und so ist es hier auch. Mir ist egal ob es eher ein Slant oder vielleicht doch ein Early Babbitt ist, weil es einfach ein tolles Mundstück ist, das ich immer wieder gerne spiele und in meiner Sammlung auf keinen Fall missen möchte.

Das Teil hat einiges vom Big Wave und gibt mir tonal aber einfach noch mehr Möglichkeiten, die ich für den Einsatz eines Mundstücks benötige. Ich finde das Big Wave sehr gut aber für den Bereich wo ich viel spiele, kann ich es zu selten einsetzen und habe da auch schon Mundstücke, die im Fall der Fälle einsetzbar wären. Nur spiele ich halt oft in Situation, wo ich bei den Stücken etwas flexibler sein und öfters auch unverstärkt noch ausreichend weit gehört werden muss, trotz Begleitung und da kommt mir das Hale Bop einfach mehr entgegen. Ich nahm das Hale Bop als sehr blattfreundlich wahr, Blätter (Rigotti Queen), die auf einem V16er Mundstück (gleiche Öffnung) sehr zickig waren und kein gutes Spielgefühl lieferten, funktionierten beim Hale Bop deutlich besser,.

Gesamtfazit:

Ich bin von der Arbeit von Jens Erler beeindruckt. Der Mann produziert klamheimlich Mundstücke, die es mit den bekannten Marken da draußen locker aufnehmen können. Ich bin sehr gespannt was er als nächstes Mundstück produziert.


 

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